Der Herr der Ringe - Die zwei Türme: Spektakuläres Mittelstück der Tolkientrilogie, die mit neuen Figuren, Kreaturen und Schauplätzen die Schlacht um Mittelerde in alter Top-Qualität fortsetzt.
Massen stauen sich, in wogende Reihen gedrängt, bis zum Horizont. Füße stampfen rhythmisch in Ungeduld und fordern Einlass. Ungebändigte Erwartung sammelt sich, formiert sich zu infernalischem Getöse, das an die Mauern brandet. Noch sind das Szenen aus dem Kino, vermutlich aber auch bald davor, wenn die Fans des Herrn der Ringe zum Sturm auf das zweite Abenteuer der Tolkien-Trilogie blasen. Es wird eine friedliche Besetzung sein, denn enttäuschte Gesichter kann es bei der Schlacht um den größten Kinohit des Jahres nicht geben. Kongenial in seiner visuellen und erzählerischen Kraft setzt der Nachfolger den Vorgänger fort, stellt neue Figuren, Kreaturen und Schauplätze vor und kommt nach knapp drei Stunden Überwältigungskino zu einem Ende, das für viele wieder zum Anfang wird - um diese Tour durch Mittelerde erneut zu wagen, denn die zwei Türme sind nah, die Wiederkehr des Königs aber noch ein Jahr entfernt.
Wer sich so lange mit Erinnerungen bescheiden musste, aufgefrischt von luxuriösen DVD-Gedächtnishilfen, hat Erwartungen in alpiner Höhe. Dessen ist sich Regisseur Peter Jackson bewusst, der schon in den ersten Bildern den Zuschauer packt, ihn zu Gandalf mitnimmt in den endlosen Schlund, um den Kampf mit dem Balrog fortzusetzen und die Saat für das Comeback des Zauberers zu säen. Von diesem Punkt an zersplittert Tolkiens chronologische Dramaturgie in drei parallele Handlungsstränge. Im ersten folgen wir den Hobbits Frodo und Sam auf dem Weg nach Mordor und im Kampf gegen die Versuchung des Rings. Im zweiten sehen wir das Auenland-Duo Merry und Pippin, die sich aus der Gefangenschaft der Uruk-hais befreien und mächtige Baumhirten kontaktieren, die für die Befreiung Mittelerdes motiviert werden müssen. Schließlich beobachten wir das Streicher-Trio um Aragorn, Gimli und Legolas, das den König von Rohan vom Einfluss Sarumans befreit und sich mit seinem Volk in der Felsenfestung von Helms Klamm vor einer riesigen Meute von Uruk-hais verschanzt. Neue Figuren werden vorgestellt, wie Faramir von Gondor, der wie sein Bruder Boromir vom Ring geprüft wird, wie Eomer, der Königsneffe von Rohan, oder seine Schwester Eowyn (Miranda Otto), die mit Aragorn gern um die Häuser streichen möchte, aber noch eine Konkurrentin im Reich der Elben hat. Die Auftritte von Liv Tyler und Cate Blanchett sind Miniaturen nur in diesem atemlosen Abenteuer, das von Schauplatz zu Schauplatz zappt, in den Szenen selbst aber hektische Montage meidet. Trotz der opulenten Laufzeit spürt man die Fesseln, an die Jackson gebunden ist. Szenen, mit denen sich andere Filme brüsten würden, wie Eomers Angriff auf die Uruk-hais oder Faramirs Attacke auf Saurons Olifantentruppe, sind hier gekürzte Randereignisse. Bildschöne Tableaus, wie etwa das Lager der Uruk-hais im Bann des Abendnebels, stehen nur Sekunden, wie auch die Schönheiten Neuseelands, die sich allerdings in größerer Vielfalt als im Vorgänger zeigen dürfen. Nie lässt sich Jackson von der Macht der Bilder überwältigen, auch wenn man sich das manchmal vielleicht wünschen würde. Die Geschichte und Entwicklung der Charaktere bleiben im Vordergrund. In den einzelnen Gruppen verändert sich die Hierarchie, wird Aragorn zum unbestrittenen Führer und Sam zum Gewissen Frodos. Die Stars des Films aber kommen aus dem Computer. Baumbart zum Beispiel, der Baumhirte, der reich ist an Zeit und Jahresringen, vor allem aber Gollum, dessen Animation und Interaktion mit den Realfiguren tricktechnisch konkurrenzlos ist. Jackson weiß, dass in dieser Figur das Ringen zwischen Gut und Böse komprimiert ist, macht ihre Persönlichkeitsspaltung zu einem Hauptthema und Gollum zu einer Kreatur, die man fürchten und bedauern kann. Wie ein Uhrwerk marschiert der Film auf seinen Höhepunkt zu, lässt Ringgeister auf Flugdrachen patrouillieren und Orks auf Wargen, monströsen Raubtiermutanten, die Gefährten attackieren. Nach etwa 130 Minuten gibt die Regie das Signal für die Schlacht in Helms Klamm, die das antike Kräfteverhältnis zwischen Spartanern und Persern an den Thermopylen spiegelt. Will man Jackson einen Vorwurf machen, dann den der Zersplitterung dieser unglaublichen Sequenz durch die Montage. Im Unterschied zum Buch setzt er sie ans Ende, wechselt aber in einer Art cineastischen Konferenzschaltung zu anderen Schauplätzen. Das schmälert zwar die Wucht des Finales, aber nicht den Gesamteindruck des Films, der den gewaltigen Erfolgsdruck nicht fürchten muss. Die Massen werden kommen und niemand wird hungern müssen. kob.