Troubled Water: Aufwühlendes Drama aus Norwegen über einen Kindsmord und die Seelenqualen von Täter und Opfer.
Aufwühlendes Schuld-und-Sühne-Drama um den schwierigen Weg zur Versöhnung nach einem Kindsmord, geschildert aus Täter- wie Opferperspektive.
Der Abschluss von Erik Poppes Oslo-Trilogie (nach „Schpaa“ und „Hawaii, Oslo“) ist ein herzzerreißendes, ambitioniertes Psychodrama, das sehr tief in zwei geschundene Seelen blickt. Das Leben nach einem Kindsmord wird erst aus der Perspektive des Täters geschildert, der wie in „
Boy A“ nach Verbüßung seiner 8-jährigen Jugendstrafe unerkannt und unter anderem Namen einen Neuanfang wagt, in der zweiten Hälfte aus der Sicht der Mutter, die ihren kleinen Sohn verlor. Schließlich verweben sich beide Perspektiven zu einem dramatischen Amalgam, was filmisch ohne Stilismen und deshalb um so überzeugender gelingt.
Als Teenager soll Thomas den Tod eines Kindes verschuldet haben - der Fall wurde nie ganz aufgeklärt -, nun hat er frisch entlassen, mit nach einem brutalen Übergriff seiner Mitinsassen gebrochenem Finger eine Stelle als Organist in der Kirche seiner Heimatstadt gefunden. Er spielt mitreißend Orgel wie ein Heiliger, ist aber ein Sünder mit massivem Schuldkomplex auf der Suche nach einer zweiten Chance und einem neuen Leben. Das findet er bei der Pastorin Anna und ihrem kleinen Sohn Jens, der zunächst seine Phobie entfacht, doch die zärtliche Zuneigung zu der attraktiven Geistlichen, die ihr Kind ohne Familienrückhalt großzieht, versöhnt den schweigsamen Mann mit seinen Ängsten. Bis eines Tages Agnes, die Mutter des Opfers seinem Orgelspiel lauscht und den Täter von einst erkennt. Fortan erzählt der Film alles nochmal, nur aus ihrer Perspektive, widmet sich ihrem neu gestarteten Familienleben, den wieder aufreißenden seelischen Wunden, der Trauerarbeit, der komplizierten Wiederbegegnung mit ihrem Alptraum.
Drehbuch und Regie entdecken erstaunliche Parallelen: Thomas und Agnes sind traumatisiert, von Erinnerungen geplagt, die sie nie wieder loswerden und die in Rückblenden den Tathergang offenbaren. Dabei wertet Poppe nicht, ohne damit die Hauptfigur von ihrer Schuld freizusprechen. Sensibel und facettenreich betrachtet sein Seelendrama, was in Thomas und Agnes vorgeht. Das berührt - nicht nur wegen der makellosen Schauspieler, auch, weil das Orgelspiel mit seiner Tongewalt die tiefen Emotionen transportiert, die in ihnen toben. Die dramatische Entwicklung führt mit ihrer unberechenbaren Dynamik von Vergeltung und Verzeihung in einer dramatischen Klimax an den Ort des Verbrechens zurück und wartet mit einem ehrlichen und realistischen Ende auf, das einen starken Schlusspunkt unter ein beeindruckendes, zutiefst humanistisches Filmerlebnis setzt. tk.