Das geheime Fenster: Starbesetzter Horror-Thriller nach Stephen King, in dem Johnny Depp als Schriftsteller von einem Psychopathen erpresst wird.
Nach einer Kurzgeschichte von Stephen King inszenierte Regisseur und Drehbuchautor David Koepp („Echoes - Stimmen aus der Zwischenzeit“) einen Psychothriller, der mit seiner charakterorientierten Inszenierung an King-Adaptionen wie „Die Verurteilten“ oder den auch thematisch verwandten „Misery“ anknüpfen will und seine Horroreffekte aus der komplexen,. mysteriösen Hauptfigur herauskriechen lässt. Dessen großes Geheimnis wirft Koepp hier - leider - recht schnell aus dem Fenster, öffnet dies damit aber gleichzeitig für eine One-Man-Show seines Stars Johnny Depp.
Stephen King hat mit „Secret Window, Secret Garden“ nicht das erste Mal über einen Schriftsteller geschrieben, der vom personifizierten Irrsinn heimgesucht wird, man erinnere sich an „Misery“ oder „Shining“. Während die letzte Adaption nach einer Vorlage des Gruselmeisters, der pseudo-mystische Sci-Fi-Schocker „Dreamcatcher“ enttäuschte, setzt David Koepp nach seiner Regiearbeit „Echoes - Stimmen aus der Zwischenwelt“ erneut auf subtileren, unter die Haut kriechenden Horror und beweist wie schon mit seinem Drehbuch zu „Panic Room“ Talent für klaustrophobische Szenarien.
Der „Panic Room“ von Krimiautor Mort Rainey (Johnny Depp) ist eine einsame Hütte in den Wäldern um New York, fern von Mobilfunknetzen oder sonstigen technischen Errungenschaften. Hier weidet sich Mort in Depressionen, Selbstmitleid und einer Schreibblockade, die durch den Frust über das laufende Scheidungsverfahren mit seiner Frau Amy (Maria Bello) verstärkt wird. In seinen wenigen wachen Momenten beschäftigt sich Mort vorrangig mit Kartoffelchips und Gesprächen mit seinem Hund, wahlweise mit sich selbst.
Zu Beginn geschehen viele Dinge gleichzeitig und nehmen den Zuschauer gefangen. Nachdem in aufblitzenden Rückblenden Morts beinahe in Gewalt eskalierte letzte Begegnung mit Amy und ihrem Neuen Ted (Timothy Hutton) in Erinnerung gerufen wird, taucht wie aus dem Nichts ein Stalker namens John Shooter (John Turturro) auf: Ein Irrer aus Mississippi, der den Schriftsteller beschuldigt, eine Story von ihm geklaut und - damit nicht genug - auch noch deren Ende ruiniert zu haben. Shooter verlangt, dass Mort den vermeintlichen kreativen Diebstahl wiedergutmacht, indem er den Schluss überarbeitet. Der Eindringling gibt deutlich zu verstehen, dass er seine Sache ernst meint, indem er einen Schraubenzieher in Morts Hund rammt und Amys Haus in New York niederbrennt, bevor er sich weit brutaleren Morden zuwendet. Bei dem beginnenden Katz-und-Maus-Spiel, das dem Opfer wenige Tage gibt, um die Forderungen des „Shooters“ zu erfüllen, erfährt man, dass es bereits einen Fall von Plagiat, alkoholische und psychische Probleme in Morts Vergangenheit gab - Aspekte, die Wasser auf den Mühlen seiner Paranoia sind, obwohl es Fakt ist, dass die betreffende Story veröffentlicht wurde, bevor Shooter sein Manuskript verfasste.
Die Lage wird beängstigender und rätselhafter, die Begegnungen zwischen Mort und Shooter unmotivierter. Dafür rutscht die glatte Inszenierung des ansonsten erfrischend „altmodischen“ und sich ernst nehmenden Thrillers bisweilen auf Kitschmomenten aus: Da macht Koepp aus einer Maus einen Elefanten bzw. einen bedrohlichen Schatten und aus einem Eichhörnchen einen stummen Mordzeugen. Was nicht davon ablenkt, dass nicht nur Genrefans den clever gemeinten Twist viel zu schnell kommen sehen. Macht aber nichts angesichts der fabelhaften One-Man-Show von Johnny Depp: Dessen undurchschaubares Spiel lässt das entscheidende Dilemma der Figur lange genug verhüllt, um die Spannung aufrecht zu erhalten. Mit einem unentwirrbaren Mob blonder Haare auf dem Kopf und Hornbrille auf der Nase irrt Depps strauchelnder Autor zur selben Zeit ängstlich wie durchtrieben durch das Gestrüpp seiner Gedanken und wird zu einer weitaus interessanteren Figur als seine Artverwandten aus Kings Romanen. Zwischendurch erweckt er den Eindruck, als sei er mit den Einfällen seines Regisseurs nicht unbedingt einverstanden, spielt sie aber trotzdem - nicht ohne einen ironischen lässigen Kommentar, der seiner Figur und dem Film erstaunlich gut tut.
Depp schließt die Fenster, die Koepp zu früh aufstößt, und macht aus der Story, die womöglich trotz der handwerklichen Brillanz von Fred Murphys sanften Kamerabewegungen, dem akzentuierten Schnitt von Jill Savitt und dem thrillenden Score von Philip Glass keine Maus mehr hinter dem Vorhang hervorlocken würde, zu einer gruseligen, höchst unterhaltsamen Charakterstudie. cm.