In kühler Ästhetik wird hier mit den Moralvorstellungen des puritanischen Amerikas aufgeräumt. Die Nebenfiguren in "My Private Idaho" sind fast komplett perverse Biedermänner und die schmutzigen Helden erscheinen unschuldig wie Engel.
Allen Konventionen trotzend, inszeniert Van Sant seinen Film nach europäischen Strickmustern, mit hartem Realismus durchsetzt. Amerika zeigt er als gefühllosen Sumpf, in dem es kaum Überlebenschancen gibt.
Entsprechend sorgt auch die Besetzung der "Saubermänner" Keanu Reeves und River Phoenix für ein Ungleichgewicht. Phoenix spielt hier einen Charakter, der in genauem Gegensatz zu seinen sonstigen Rollen steht. Schwach, fast gebrochen kommt sein Mike Walters daher, nicht so wie der ehrgeizige, aber ausgebrannte Chris in "Stand by Me" oder wie in den Polit-Dramen "Running on Empty" und "Little Nikita".
Das Gleiche gilt für Keanu Reeves, der wie Phoenix hier die beste Darstellung seiner Karriere gibt. Scott, der traurige Spötter mit der poetischen Ader, ist alles andere als der dem Tod trotzende Actionheld wie Reeves Charakter Jack Traven in "Speed" noch war. Trotz des skandalträchtigen Stoffes war dem Film sowohl in Europa als auch in den USA ein großer Erfolg beschieden. River Phoenix erhielt außerdem den Darstellerpreis der Biennale 1991 und der Film selbst den Kritikerpreis in Toronto.
Fazit: Ein mit hartem Realismus durchsetzter zynischer Blick auf die Gesellschaft des amerikanischen Mittelwestens.