Agnès Jaoui liefert in diesem Film erstaunlich pointierte Gesellschaftssatire mit präzise ausgearbeiteten Charakterstudien. Ihre Figuren spiegeln dabei so treffsicher die Realität wieder, daß einem das Lachen oft im Halse steckenbleibt.
Das Hauptthema, die Sehnsucht der Protagonisten nach Anerkennung und Erfolg trägt der Film bereits im Titel.
Doch in einer Gesellschaft, in der jeder in erster Linie mit sich selbst beschäftigt ist, wird die Forderung nach Anerkennung von Anderen ein unerfüllbarer Wunsch bleiben. Die Menschen sind für sich der Mittelpunkt ihres Lebens. Unter dieser Voraussetzung ist der Aufbau einer neuen Beziehung ebenso schwer, wie der Erhalt einer bereits bestehenden.
Häufig agieren die Figuren wie gekränkte Heilige, deren Strafe es ist, in einer Gesellschaft zu leben, die ihre Großartigkeit noch nicht registriert hat. Sie alle besitzen ein gänzlich falsches Selbstbild, das selbst dann nicht in sich zusammenbricht, wenn anderen ihnen einen Spiegel vorhalten. Denn der Weg zur Selbsterkenntnis ist lang und steinig und nur selten geht hier jemandem ein kleines Licht auf, das diesen Weg beleuchten könnte.
Hier gibt es keinen Menschen, der nicht seine Fehler vor sich hertragen würde.
Im Mittelpunkt des Ganzen steht Lolita. Sie leidet unter ihrem Äußeren und dem Schattendasein neben ihrem berühmten Vater. Doch sie gefällt sich scheinbar auch in der Rolle der grauen Maus und vernachlässigten Tochter. Für ihr unsicheres Verhalten macht sie allein ihr Körpergewicht verantwortlich. Dabei kreiert sie sich einen Weg, der für sie immer negativ ausfallen muß. Macht ihr jemand ein Kompliment, redet sie sich ein, die Person wolle sich nur wegen ihres Vaters bei ihr einschmeicheln. Macht ihr jemand kein Kompliment, schmollt sie und findet sich in ihrer Selbstverachtung bestätigt. So oder so können es die Menschen in ihrer Umgebung nicht richtig machen, selbst wenn sie es tatsächlich wollten. Ihre Versuche, aus dem Schatten ihres Vaters herauszutreten sind nur zaghaft, denn schließlich ermöglicht ihr diese Beziehung Menschen an sich zu binden, von denen sie (manchmal fälschlicherweise) annimmt, daß sie sich sonst nicht mit ihr abgeben würden. Mutterlos aufgewachsen vergöttert und hasst sie ihren Vater gleichermaßen, will ihn aber auf jeden Fall nicht mit der jungen Karine, seiner zweiten Frau, teilen. Du bist echt mühsam ist dann auch der treffende Kommentar Sébastiens, der versucht, eine Beziehung zu ihr aufzubauen. Ebenso wie die anderen ist sie zu sehr ihrem Selbstbild verhaftet als daß sie merken würde, daß sie es selbst ist, die sich im Weg steht und nicht ihre Mitmenschen.
Pierre agiert in der Rolle des gekränkten Schriftstellers, dessen Meisterwerke keiner lesen will. Durch gespielte Selbstverachtung fordert er Komplimente. Für den Erfolg kriecht er um Etienne herum, läßt sich zum Medienclown machen und schreckt nicht einmal davor zurück, alten Freunden auf die Füße zu treten.
Sein berühmtes Vorbild Etienne, ist gefühllos und selbstgefällig - ein Egozentriker wie er im Buche steht. Schmeichler , Ja-Sager und Prügelknaben umgeben ihn. Er beachtet die Menschen zu wenig, als daß er merken würde, wie sehr er sie verletzt. Und auch wenn ihn seine Frau darauf aufmerksam macht, indem sie ihn kurzerhand verläßt, wird er sich und seinen Lebenswandel kaum ändern. Auch seine Frau Karine, die kaum älter als Lolita, im Gegensatz zu dieser aber geradezu atemberaubend hübsch ist, ist alles andere als perfekt. So geht sie derart in ihrem Schönheitswahn auf, daß sich das auch in einer eßgestörten Erziehung der Tochter auswirkt, mit dem Resultat, daß das Kind irgendwann lieber mit ausgedachten Torten und Bonbons spielt als mit Puppen.
Alle Personen des Films bleiben in ihren Rollen verstrickt. Am Ende scheint es nur Sylvia und Lolita ansatzweise zu gelingen, ihr Selbstbild zu korrigieren und einen neuen Weg zu beschreiten. Jaoui gelingt es durch genaueste Beobachtung sehr detailliert gesellschaftstypisches Verhalten wiederzugeben.
Schau mich an! ist ein gleichermaßen sensibler und melancholischer Film. Bedrückend ist er, weil er nur allzu wahr ist. Lacht man, dann aus Gründen der Erfahrung und der Selbsterkenntnis.
Fazit: Eine treffende komisch-melancholische Gesellschaftssatire mit hohem Unterhaltungswert.