Company Men: Stark besetztes Qualitätsdrama über Führungskräfte, die der Wirtschaftskrise und gierigen Konzernchefs zum Opfer fallen und ihr Leben überdenken müssen.
Entlassene Führungskräfte als Opfer gieriger Konzerne und gravierender Misswirtschaft sind die Patienten im sehenswerten Regiedebüt von „ER“-Mastermind John Wells.
In über 300 Folgen der Hit-Ärzteserie stellte Wells als Produzent, Autor und gelegentlich auch als Regisseur den Menschen in den Mittelpunkt. Auch in seiner ersten Filminszenierung behält der TV-Veteran diesen Fokus bei, verändert aber die Perspektive, konzentriert sich nun auf die Sorgen der Anzugträger und Vorstadtresidenten mit ihren Luxusautos, Golfclub-Ausweisen und XXL-Hypotheken. Diese wohlhabende Mittelschicht repräsentiert Bobby Walker (Ben Affleck), der nach 12 Jahren von seinem Arbeitgeber, einem Schiffsbaukonzern, gefeuert wird. Wells folgt ihm auf einem Lernprozess, beobachtet, wie Walker zum Stillstand kommt, trotz bester Referenzen vergeblich um einen neuen Job kämpft, der ihm die Fortsetzung seines alten Lebens garantiert. Dem Stellenabbau, dem er zum Opfer fiel, geht ein materielles Gesundschrumpfen einher, das Walker zum Umdenken zwingt und ihn schließlich revitalisiert.
Auch wenn sich nicht jeder Zuschauer mit Wohlstandsjüngern solidarisieren dürfte, ist Walker, nicht zuletzt dank einer nuancierten Darstellung Afflecks, eine Sympathiefigur - wie auch sein Boss Gene McClary. Tommy Lee Jones spielt ihn als leise implodierenden Manager mit Gewissen, der seinen besten Freund, den Konzernchef, zwar kritisiert, aber nicht wirklich konfrontiert. In Jones‘ Figur ist die verklärte Erinnerung an den amerikanischen Traum eingebettet, an einen ökonomischen Idealismus der Anfänge, an dessen Stelle rücksichtsloser Materialismus und Sittenverfall getreten sind. Verglichen mit Walker und McClary ist die dritte Hauptfigur, dargestellt von Chris Cooper, opportunistischer, fast exklusiv dem Eigeninteresse verpflichtet. Alle drei Männer werden im Laufe des Plots ihren Job verlieren, sind gezwungen, ihr Leben zu überdenken.
Mit Understatement, ohne dramatische Ansprachen, heroische Aktionen und plötzliche Wunder, aber auch etwas oberflächlich beobachtet Autor-Regisseur Wells die Auswirkungen auf Selbstverständnis und Familiendynamik, belustigt sich über Coaching-Agenturen, die Arbeitslose wettbewerbsfähig machen sollen, und findet Humor in Walkers Verhältnis zum verhassten Schwager (Kevin Costner), dessen körperliche Arbeit er zu respektieren lernt. Bonusjagd, Kurskosmetik und andere Begleiterscheinungen der Misswirtschaft verbannt dieses ruhig erzählte, stark besetzte Qualitätsdrama in kurze Nachrichtenflashs, verschlüsselt Wells‘ eigenen Kommentar in Bildern. Das treffendste versammelt Top-Manager und Chefs im Rohbau ihrer neuen Luxusbüros, hoch oben im Wolkenkratzer, wo das Leid ganz unten nur noch Miniatur, nur Kollateralschaden eigener Kurzsichtigkeit ist. kob.