Mein Stück vom Kuchen: Sozialkomödie, in der Cédric Klapisch die gegensätzlichen Welten einer Putzfrau und eines Börsenhais aufeinandertreffen lässt.
In Cédric Klapischs französischer Sozial-Komödie treffen die Welten einer Putzfrau und eines Börsenhais turbulent aufeinander.
Ken Loach auf französisch. Das ist vielleicht etwas übertrieben, aber Cédric Klapisch verehrt den englischen Regisseur und dessen Engagements für Underdogs. Und schlägt - wenn auch nicht so radikal wie sein Vorbild - in die gleiche Kerbe: die da unten beißen die Zähne zusammen und zeigen Herz, die da oben leben herzlos in Saus und Braus.
Unten angelangt ist France (nomen est omen). Als sie nach 20 Jahren wegen Fabrikschließung ihren Job in Dünkirchen verliert, wagt sich die Mutter von drei Töchtern nach Paris und findet eine Stelle als Putzfrau bei einem Börsenhai. Erst übersieht der smarte 35-Jährige das in der Riesenwohnung werkelnde Wesen, doch dann bringt die Ex plötzlich das Söhnchen für einen Monat vorbei und France kümmert sich liebevoll um Kind und Rabenvater, der ihr erklärt, wie man beim Börsenpoker fix Millionen macht. Da keine passende Dame aufzutreiben ist, begleitet sie ihn als „Russin“ nach London und heitert die langweilige Dinner-Runde bei seinem Boss mit Fantasie-Akzent auf. Der leidenschaftlichen Nacht folgt Ernüchterung. Nicht nur dass der Trader an der Abwicklung der Fabrik beteiligt war, am Telefon prahlt er auch noch damit, die „Putze flachgelegt“ zu haben. France rächt sich auf ihre Weise.
Klapisch spielt mit dem bei Molière wiederkehrenden Motiv des Hausmädchens, greift den Mythos des Aschenputtels auf und führt ihn ad absurdum, im Gegensatz zu „
Pretty Woman“ gibt es hier kein gemeinsames Happy End zwischen den Welten, die Klapisch gerne gegeneinander schneidet - glitzernde Bürotürme, sterile Wohnungen, schicke Menschen, Privatflugzeuge, Champagner und Canapés auf der einen heruntergekommene Fabrikhallen, knallbuntes Heim, demonstrierende Wutbürger, Rostlauben, Discounterfutter auf der anderen Seite. Er wohnt abgehoben im 30. Stock, sie und ihre Familie im Erdgeschoss.
Der Energie geladenen Karin Viard nimmt man sogar die überzeichnete arbeitslose Altruistin ab, wie Gille Lellouche den zynischen und manchmal larmoyanten Finanzjongleur, in dessen Geldkreisen die Bezeichnung Humanist als Beleidigung gilt. Stark vereinfachend, aber erfrischend amüsant benutzt Klapisch zwischen Drama und Komödie die Realität der Finanzkrise für eine wohl sehr unrealistische Begegnung und nimmt dabei offen Partei für die weibliche Figur, die letztendlich ihr „Stück vom Kuchen“ kriegt. Entlarvende Dialoge zwischen Witz und Wahrheit sind das Sahnehäubchen. mk.