Nine: Rob Marshalls Star-gespickte Verfilmung des Broadwaymusicals über die Sinn- und Beziehungskrisen eines weltberühmten italienischen Regisseurs und Frauenhelden.
Nach „Chicago“ bringt Rob Marshall einen weiteren Broadwayhit ins Kino. Mit ähnlicher Starbesetzung, aber einem thematisch ambitionierteren Ansatz.
Federico Fellinis Klassiker „Achteinhalb“ rückte die eigene Regieblockade des berühmtesten Träumers von Cinecitta in den Mittelpunkt, wurde schließlich Inspiration für Maury Yestons Musical „Nine“, das 1982 am Broadway seinen Siegeszug startete. In der positiven Resonanz bei Publikum und Presse verbindet „Nine“ vieles mit „Chicago“, doch im Libretto gibt es markante Unterschiede. Der auffälligste: „Chicago“ zielt schwungvoll auf Bauch und Beine, „Nine“ nachdenklich auf die Bühne im Kopf.
Hier nämlich ringt Protagonist Guido Contini (Daniel Day-Lewis) mit einer künstlerischen Schaffenskrise, die mit einer Reflexion über sein Leben und die Frauen, die es prägten, einhergeht. In ganz Italien wird Contini verehrt - für seine frühen Filme, nicht die letzten Flops, wie er viel zu oft hören muss. „Italia“ soll sein neuer Film heißen, doch eine Woche vor Drehbeginn in Cinecitta, seiner künstlerischen Heimat, hat Contini nicht eine brauchbare Idee, geschweige denn ein Drehbuch. Bedrängt von der Presse, flüchtet Contini an die Küste und dort in Erinnerungen und Träume, während sein Privatleben kollabiert. Seine Geliebte (Penélope Cruz) ist vor Ort, seine Muse, Star von „Italia“, ebenfalls, darüber hinaus auch eine amerikanische Journalistin, die das „Cinema Italiano“ liebt und das dem wichtigsten Repräsentanten auch im Bett beweisen möchte, und schließlich auch seine schwer geprüfte Frau Luisa (Marion Cotillard), die Einzige unter vielen Schönen, die dauerhaft in seinem Herzen wohnt, seine Affären aber dennoch nicht verhindern kann.
Der Plot ist im Grunde Continis Suche danach und einem Sinn, mit dem sich das Leben und er selbst besser verstehen lässt. Es ist diese Kopflastigkeit des von Michael Tolkin und Anthony Minghella verfassten Drehbuchs, die dem Musical manchmal im Weg steht - ein Kontrast zur Leichtigkeit, für die Italien eigentlich steht. Hinzu kommt, dass trotz dreier neu komponierter Songs ein Hit fehlt, der sich wirklich ins Gehör gräbt, ein Problem, das allerdings auch „Chicago“ hatte. Trotz Dreharbeiten an einigen italienischen Originalschauplätzen, werden fast alle musikalischen Nummern, denen der Schnitt manchmal den optimalen Fluss nimmt, auf einer Studiobühne vorgetragen, dem Zentrum von Continis Leben. Hier ist Marshall, der seine Karriere am Theater begründete, unterstützt von Stammkameramann Dion Beebe in seinem Element. Lichtdramaturgie, wie man sie von der Bühne kennt, bestimmt den Film, von der eindrucksvollen Eröffnung, als Contini die Tür zum Studio öffnet, bis zum Finale, wenn sich seine wichtigsten weiblichen Bezugspunkte, darunter auch Mutter und Ratgeberin, zum Gruppenbild versammeln. Marshalls Staraufgebot ist die größte Attraktion von „Nine“ - und jeder Stern bekommt zumindest einen Song zum Leuchten. Am blassesten dabei Sophia Loren, am strahlendsten, weil mit Leidenschaft und Stimmsicherheit präsentiert, Cruz, Cotillard und Stacy Ferguson, Leadsängerin der „Black Eyed Peas“. kob.