Air Force One: Hijacker-Thriller, in dem es Harrison Ford als Präsident ganz allein mit den Entführern aufnimmt.
Die Stunde der (US-) Patrioten hat geschlagen! Deutsche Regisseure verstehen es in letzter Zeit anscheinend bestens, amerikanisches Nationalgefühl mit aufwendigen Hollywood-Produktionen zu bestärken. Spezialist dieser Sparte ist ohne Frage Wolfgang Petersen („
Outbreak„), der in seinem hochenergetischen Hijacking-Thriller wie bei seinem gefeierten US-Durchbruch „
In the Line of Fire“ den Präsident der Vereinigten Staaten ins Visier extrem gefährlicher Gegner geraten läßt. Doch schreitet hier kein Secret-Service-Agent in Gestalt von Clint Eastwood zur Rettung: Harrison „Indiana Jones“ Ford muß als Führer der westlichen Welt die hochdramatischen Dinge selbst in die Hand nehmen.
Nachdem Präsident James Marshall bei einer Rede in Moskau Terroristen in aller Welt den Krieg erklärt, wird sein Regierungsflugzeug Air Force One auf dem Heimflug von dem russischen Dissidenten Korshunov (Gary Oldman effektiv in seiner Paraderolle als Bad Guy) und seinen Schergen gehijackt. Der cholerische Kommunist will die Freilassung des bestialischen Generals Radeck (Jürgen Prochnow) erzwingen, ansonsten droht er der Vizepräsidentin (Glenn Close), alle 30 Minuten eine der Geiseln - darunter neben Regierungsmitgliedern die First Lady (Wendy Crewson) und die Präsidententochter (Liesel Matthews aus „
Little Princess„) - zu erschießen. Er hat nicht damit gerechnet, daß Marshall sich nicht in seiner Fluchtkapsel abgesetzt hat, sondern sich noch an Bord befindet und die Sache sehr persönlich nimmt…
Neben dem „Kalter Krieg“-ähnlichen Konflikt zwischen den beiden Kontrahenten sind es die visuellen Effekte mit Jetfightern, einem Tankflugzeug und eine Fallschirmsprung-Sequenz, die den temporeichen Thriller ohne Stockungen vorantreiben. Perfektionist Petersen, der sich mit seinem Klassiker „Das Boot“ bereits bestens vertraut mit klaustrophobischen Schauplätzen und militärischer Logistik erwies, bleibt seinem präzisen Inszenierungsstil treu und legte auch bei „AFO“ viel Wert auf greifbaren Realismus, der sich bis ins kleinste Detail erstreckt. Sein Protagonist Ford, der problemlos vom ruhig-rationalen Politiker zum agil-aggressiven Actionhelden übergeht und dennoch seinen Jedermann-Appeal beibehält, erweist sich als Idealbesetzung für die Rolle des demokratisch, praktisch, guten Präsidenten Marshall. Sein militärischer Name - er ist zudem ein hochdekorierter Vietnamveteran - liefert ein aufschlußreiches Schlüsselwort. So gleicht das Drehbuch von Andrew W. Marlowe einem gut durchdachten Schlachtplan, das strategisch ohne viel Umschweife oder Humor die einzelnen Plot(stütz)punkte zu verknüpfen weiß. Darüber hinaus wurden vom offiziell kooperierenden amerikanischen Militär Personal Equipment wie F-15s und Blackhawk-Helikopter zur Verfügung gestellt. Der fast konstant eingesetzte, an Marsch- und Angriffsmusik erinnernde Score von Jerry Goldsmith erzeugt akustisch das entsprechende Ambiente.
Der Austragungsort an Bord der Air Force One - einer umfunktionierten Boeing 747 - führt natürlich zu Vergleichen mit ähnlich gelagerter Actionware wie „Einsame Entscheidung“ oder „ConAir“, denen „AFO“ in allen Belangen stand hält. Das Setting und so manch konventioneller Actionabschnitt mögen zwar nicht immer taufrisch oder originell sein, doch dank der hervorragenden Besetzungsriege und der exzellenten Produktion wird Sonys kommerzieller Sommer-Höhenflug keinen Turbulenzen ausgesetzt sein. ara.