Casa de los babys: Ensemble-Drama von John Sayles über sechs Frauen, die in einem Hotel in Südamerika aufeinandertreffen, um Babys zu adoptieren.
Independent-Ikone John Sayles erstellt in seinem glänzend besetzten Ensemble-Drama das Sozialporträt eines mexikanischen Hotels, wo nordamerikanische Frauen Kinder adoptieren.
Nur selten wagte sich der Pate des US-Independent-Kinos, John Sayles, auf fremdes Terrain - Regionalkonflikte wie in „Matewan“ oder „Lone Star“ waren stets sein Markenzeichen. Für diese Auseinandersetzung mit den emotionalen Auswirkungen der Adoption mexikanischer Babys von (meist) US-Frauen, die selbst keine Kinder gebären wollen oder können, fand er sechs weibliche Schauspiel-Asse, die im wahrsten Wortsinn ungeschminkt ihre Stärken im Ensemble-Stück ausspielen.
Wie aus dem Leben geschnitten und fast schon dokumentarisch mutet die nach eigenem Drehbuch entstandene Bestandsaufnahme von Personal, Gästen und Müttern an, die ihre Ungeborenen zur Adoption freigeben (müssen). Einer Standarddramaturgie widersetzt sich der seit mittlerweile 25 Jahren tätige Sayles mühelos, taucht ein in das Lebensspektrum eines kleinen Touristenortes, wo die Einheimischen für die reichen Besucher arbeiten und Armut grassiert.
Sechs Frauen vornehmlich aus den USA (Marcia Gay Harden, Susan Lynch, Daryl Hannah, Mary Steenburgen, Lili Taylor und Maggie Gyllenhaal) warten hier auf die bürokratische Abwicklung ihrer Adoptionsanträge, sechs Touristen-Tussen, die mit ihren Wohlstands-Neurosen jedem Klischee spotten, schrecklich abgeklärte Gespräche führen und dabei doch menschlich sind, sich anfreunden oder -feinden und ihre Ängste, Hoffnungen, Schicksale offenbaren. Neben der Kultur- und Sprachbarriere, die manchmal rührend überwunden wird, manchmal aber nur für gegenseitige Verachtung sorgt, sind es impliziter Kolonialismus und Imperialismus, die das Verhältnis zu den Latinos prägen.
Die Frauen profitieren von einer permanenten Wirtschaftskrise, die Babys zu Mexikos besten Exportgut deklariert. Entsprechend nahe gehen die Geschichten der Einheimischen, sei es eine aufopferungsvoll die Babys herzende Nanny, oder ein verstummter schwangerer Teenager, der zur Adoption gezwungen wird. Wie gewohnt verzichtet John Sayles auf jede Sentimentalität und nähert sich allen Beteiligten wie beiläufig an, um sie in all ihren Facetten zu zeigen, unterstützt von einem uneitlen Frauen-Ensemble, das allein schon sehenswert wäre.
tk.