Um der Gefängnisstrafe zu entgehen, finden Münchner Jugendliche in der sozialen Einrichtung der „Work and Box Company“ einen möglichen Ausweg aus der Kriminalitäts- und Gewaltspirale. Mit ihrem Programm aus Boxtraining, Gemeinschaftstherapie und Vertrauensbildung offerieren die Sozialpädagogen eine Chance auf ein geregeltes Leben und sicheren Ausbildungsplatz. Doch schnell verdeutlicht diese beeindruckend sensible Dokumentation, welche hartnäckigen, psychologischen Widerstände es anzugehen gilt, welche schwierigen Lebensverhältnisse hinter der Gewalt stehen. Filmemacher Gerardo Milsztein fängt mit viel Verständnis die außergewöhnliche Arbeitsweise der Institution und das engagierte, sehr persönliche Ringen um die jungen Straftäter ein. Dabei begleitet die Kamera feinfühlig die Gruppe aus nächster Nähe, dokumentiert heftige Konflikte, kleine Erfolge und Rückschläge ebenso wie den Alltag in der Clique, ohne dabei voyeuristisch zu wirken. Ein lebensnaher und unvergesslicher Einblick in allzuoft mit Vorurteilen behaftete soziale Realitäten. Ein Film, der Verständnis schafft und Mut macht.
Jurybegründung:
Die ‚Work and Box Company‘ ist ein engagiertes und ambitioniertes soziales Projekt für kriminell gewordene Jugendliche. Grundidee ist, den Jugendlichen etwas zu geben, was sie bislang entbehrten: Konfrontation, Reibung, Zuneigung, ein positives Vaterbild und echte Autorität.
Alte Verhaltensmuster sollen aufgelöst und ein neues Verständnis vom eigenen Ich gewonnen werden. Seit vielen Jahren ging Regisseur Gerardo Milsztein mit dem Gedanken um, einen Film über gewalttätige Jugendliche zu drehen. Die Begegnung mit ‚Work and Box‘ ließ schließlich alle Pläne zur Realität werden.
FRIEDENSSCHLAG ist ein Dokumentarfilm mit einer ungefilterten Realität geworden, mit einem ungewöhnlich reichhaltigen Recherche- und Beobachtungsmosaik. Beeindruckend, wie es dem Regisseur und seinem Team gelang, eine große Nähe zu den Jugendlichen aufzubauen und diese Nähe zu selten so wahrnehmbaren Reaktionen, Haltungen und Selbstaussagen zu nutzen.
‚Ihr müsst mich packen, damit ich es packe‘, sagt im Film der Jugendliche Eftal. In gewisser Hinsicht das Leitmotiv des Films. Dem ‚Packen‘ dient auch das Boxtraining im Maßnahmeprojekt. Formuliert wird das dahinter stehende Konzept: ‚Ausweichen, kontern, attackieren - Verteidigung oder Rückzug? Im Ring sind alle gezwungen sich ehrlich und unverstellt in die Augen zu schauen.‘ Das Boxen wird zum Auslöser persönlicher Entwicklungen.
Für die Struktur des Films auch eine sehr schlüssige Metapher, die auch den roten Faden bildet. Sinnbild des innerlichen Kampfes der Jugendlichen gegen sich selbst. Das Fallen und das Wiederaufstehen.
FRIEDENSSCHLAG kann auch im Selbstverständnis des Regisseurs nur ein Kapitel abbilden in einem langen Prozess des Prinzips Hoffnung. Der Film bleibt hier erfreulich illusionslos. ‚Ein Patentrezept kann ich nicht liefern‘, sagt Milsztein. ‚Aber ich weiß, dass die Jungen Hilfe annehmen, wenn man sich von Herzen mit ihnen beschäftigt und sie an die Hand nimmt‘.
Quelle: Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)