Banksy - Exit Through the Gift Shop: Innovatives Regiedebüt des mysteriösen Graffitikünstlers Banksy, der den Spieß umdreht, als ein Mann auszieht, um einen Film über ihn zu drehen.
Heute Nacht gehören die Straßen uns: Streetart-Meister Banksy wendet sich mit seiner Form des subversiven Agitprop dem Medium Film zu - ein „F wie Fälschung“ für die Generation Punk.
Ein vermummter Demonstrant nimmt Anlauf und wirft… einen Blumenstrauß. Ein schwer bewaffneter Militärpolizist muss sich mit dem Gesicht an eine Wand stellen… und wird von einem kleinen Mädchen abgetastet. Eine Friedenstaube erhebt sich in die Lüfte… und trägt eine kugelsichere Kevlarweste. Die Stencils des 1975 geborenen Streetart-Künstlers Banksy aus Bristol, eine durch die Graffitikultur gefilterte Weiterentwicklung der wütenden Punkgrafiken aus dem Umfeld der Band Crass, betrachten die einen als „Kunstterrorismus“ („Evening Standard“), andere wiederum finden die hochpolitischen Arbeiten des Mannes, der Gesicht und Identität penibel geheim hält und lieber Taten von London bis zur Westbank sprechen lässt, „witzig, subversiv und überaus produktiv“. Damit lässt sich auch der erste Ausflug Banksys in die Welt des Films vortrefflich beschreiben, eine Dokumentation über die Welt der Sreetart, die so viele kunstvolle Pirouetten um sich selbst dreht, dass man schon während des Betrachtens nicht mehr weiß, was man nun glauben soll und was nicht. Banksy selbst beschrieb seinen Film „über einen Mann, der versucht hat, einen Film über mich zu drehen“ (Pressetext) in einem Einspieler vor der Pressevorführung auf der Berlinale als „guten Film - wenn man niedrige Erwartungen hat“ und verwies darauf, dass man ohne Skript und Plan gearbeitet habe, zumal erst zur Hälfte der Arbeit daran festgestellt wurde, dass man überhaupt einen Film mache. Gerade das (vermeintlich) Spontane, das Unerwartete verleiht „Exit Through the Gift Shop“ seine ganz spezifische Qualität.
Anhand der Geschichte des Franzosen Thierry Guetta, der in Los Angeles einen erfolgreichen Second-Hand-Laden betreibt und über Jahre hinweg mit seiner allgegenwärtigen Videokamera den Größen der Streetart bei der Arbeit zusieht, wird die Geschichte einer verdeckt arbeitenden Subkultur aufgerollt, bis Guetta sich Banksy zuwendet. Als der ihn drängt, aus dem angesammelten Material einen Film mit dem Titel „Remote Control Life“ zu schneiden, kommt der entscheidende Wendepunkt: Guettas Film ist unanschaubar, weshalb Banksy selbst sich der Aufgabe annimmt, während er Guetta losschickt, selbst eine Ausstellung in Los Angeles auf die Beine zu stellen. Die erweist sich trotz der erkennbaren Talentlosigkeit Guettas als Bombenerfolg, weil er zwar als schaffender Künstler wenig auf dem Kasten hat, dafür die Kunst der Promotion beherrscht wie kein Zweiter. Ein ätzender Kommentar zur Beliebigkeit des Kunstbetriebs. Und zugleich ein raffiniertes Ablenkungsmanöver, denn tatsächlich ist das Ergebnis eben nur an der Oberfläche ein Film über Guetta, sondern eben genau Banksys Statement zu Streetart, ihre Bedeutung, ihre Funktion, ihre Lust auf Revolution und Subversion. In einer frühen der vielen auf Video festgehalten Nachtszenen der Straßenkünstler bei der Arbeit sieht man, wie die Polizei einen Sprayer in flagranti überrascht, er aber doch in letzter Sekunde entwischen kann, weil er eben auch ein ausgezeichneter Traceur ist und wieselflink senkrechte wände hochklettern kann. Später gelingt es Banksy, mitten in Disneyland eine aufblasbare Puppe im Outfit eines Guantanamo-Häftlings aufzustellen und zu entwischen, bevor der Vergnügungspark mit Sicherheitsleuten wimmelt. Message understood: Die Kunst besteht eben darin, sich nicht erwischen zu lassen. Und dazu spielt Richard Hawleys „Tonight the Streets Are Ours“. Schön. ts.